11. bis San Franzisco

Kalifornien u. San Franzisco


Stiller Ozean 1. März 35

Um 6 Uhr war seeklar befohlen, aber der dichte Nebel, der hier sehr häufig auftritt, verhinderte das Auslaufen. Einige Stunden später lichtete er sich etwas und ein vorsichtiges Manövrieren war möglich. Die Nebelsirenen der amerik. Schiffe hörten sich an, als ob eine Büffelherde brüllt. 

Aus Anlass der Saarübergabe fand eine kurze Feier auf der Schanze statt. Später wurden die gewohnten Vorbereitungen zum Einlaufen getroffen. Wir fuhren eine Fahrstufe von 20 sm, um rechtzeitig in San Franzisko zu sein.

San Franzisco 2. März 35

Schon von weitem konnte man das berühmte "Golden Gate", das goldene Tor Kaliforniens in der Reihe der Berge erkennen. Eine große Hängebrücke ist im Bau. In dem großen Gefängnis auf einer Insel in der Bai sitzt Al Capone gerade seine Zeit ab. 

Kurz nach dem Anlegen wurde der Käpten und eine starke Abteilung von uns von dem Bürgermeister und allen Ordensträgern der Stadt San Francisco begrüßt. Wir mussten so stark auftreten, weil es sonst keinen Endruck gemacht hätte. Der Empfang war mit allem amerikanischen Tamtam aufgezogen.

Mit Ilse Weber, einem deutschen Mädel, machte ich am Nachmittag einen netten Spaziergang durch den Golden Gate Park. Vom Presidio hat man einen wundervollen Ausblick auf San Franzisko und  auf Oakland gegenüber. Hier oben sind Befestigungen der Armee. Die großen Geschütze beherrschen die ganze Einfahrt. Ich habe mich sehr gut mit Ilse unterhalten können, denn sie ist ein vernünftiges Mädel. Sie gibt franz. Sprachunterricht und Sportstunden. 

Im Deutschen Haus fand mit den üblichen Reden der Begrüßungsabend statt. Ich verdrückte mich bald, um oben im Saal zu tanzen. Die amerikanischen Girls waren ganz versessen darauf, mit uns zu flirten. Man kam leicht in Versuchung, über den Urlaub zu bleiben. Zum Schluss machten wir mit einer lustigen Gesellschaft noch eine Nachtfahrt. Wir hatten sehr viel Spaß. Unter diesen Umständen kommt einem der Urlaub bis 1 Uhr viel zu kurz vor.

San Franzisco 3. März 35

Dieser erste offizielle Besuchstag in Nordamerika übertraf alles bisher Dagewesene in Bezug auf Besucher. An manchen Tagen in Südamerika dachte ich schon, dass wir Rekordbesuche hatten, aber gegen diese Menschenmenge verblasste das alles. Die Polizeitruppe, die uns zur Verfügung gestellt worden war, hatte alle Hände voll zu tun, um den Verkehr einigermaßen zu regeln. Unser Schiff ging merklich tiefer ins Wasser, und tausende standen noch draußen, die nicht mehr an Bord konnten. Aber doch passierte es, dass uns Seeleuten auf den Straßen  auch "German Bandits" nachgerufen wurde. Die Rufer waren dann aber sehr rasch verschwunden.

San Franzisco 4. März 35

San Francisko ist die Stadt der sieben Berge. Dadurch erinnern die Straßen manchmal an eine Berg- und Talbahn, so stark ist das Gefälle. Betty und Elsie, zwei Studentinnen, besuchten mich an Bord. Ich hatte sie am ersten Abend im Deutschen Haus kennen gelernt. Wir machten in der Car von Betty erst ein Spazierfahrt und waren später im Heim von Elsie sehr vergnügt. Die Mama war im Theater. Wir hatten das Reich für uns und tanzten, rauchten und tranken. Beide konnten gut Step tanzen und wir unterhielten uns ausgezeichnet. Kurz vor 1 Uhr brachten sie mich an Bord zurück.

San Franzisco 5. März 35

In einer Reihe großer Autobusse, die uns von einem reichen Deutschen zur Verfügung gestellt worden waren, machte eine starke Abteilung eine großangelegte Rundfahrt um San Franzisco. Die Umgebung ist wunderbar. Wenn der Autobus sich lange durch den Naturpark bis oben zum Skyline-Blvd. gewunden hat, und dann San Franzisko und die ganze Bai tief unten liegt, ist man ganz überrascht. Das Aquarium und das wissenschaftliche Institut ist sehr sehenswert. Dort ist die ganze Tierwelt Amerikas, sowie alles über die Ureinwohner, die Indianer zu sehen. Es ist aber viel Zeit nötig, um alles anzusehen. Eine Fahrt durch die Hauptstraßen schloss diese feine Tour ab.

Eigentlich hatte ich vor zum Tanzen ins Deutsche Haus zu gehen, wo Betty und Elsie mich erwarteten. Aber Ilse hatte ein so nettes Abendessen bereitet, dass wir unmöglich so hart sein konnten, ich hatte noch einige Kameraden mitgenommen, und uns vor der Zeit zu verabschieden. Mit Gesellschaftsspielen aller Art unterhielten wir uns harmlos-heiter und wie im Fluge verging die Zeit.

San Franzisco 6. März 35

Heute regnete es in Strömen. Aber was machte das schon, wenn man im geschlossenen Wagen durch die Straßen fuhr. Ilse ließ es sich nicht nehmen Alfred Neumann und mich zum Abendbrot abzuholen. Heute machten wir unseren gestrigen Vorsatz wahr und gingen anschließend noch ins Deutsche Haus zum Tanz. Ich hoffte dort Betty und Elsie zu treffen, bis mir einfiel, dass beide in der Oper zu einer "Carmen"-Aufführung waren. Eine ausgezeichnete Varietetruppe brachte Abwechslung ins Programm. Es war alles getan worden, um unseren Aufenthalt in der Stadt so angenehm wie möglich zumachen. In allen deutschen Häusern haben wir ein "offenes Haus", d.h. wir können zu jeder Tageszeit frei Essen und Trinken bekommen.

San Francisco 7. März 35

Heute hatten wir wieder Hafenwache, aber man empfand das nicht so, weil alle Bekannten an Bord kamen. Stand man nicht gerade Posten, so setzte man sich gemütlich an die Back und schwang einen kleinen Rees. Viele hatten ja Ansichten, über die zu streiten wäre, aber wenn wir erzählten, wie es in Deutschland aussieht, so wurden sie still, hörten zu und ließen sich überzeugen. Als Deutsche wollen sie im Grunde nur das Beste für Deutschland.

San Francisco 8. März 35

Um Oaland als Stadt auch zu ihrem Recht kommen zu lassen, wurde eine größere Abteilung rübergeschickt. Dem offiziellen Empfang schloss sich ein sehr gutes Frühstück an. Ich hatte ein nettes junges Ehepaar kennen gelernt und verbrachte mit ihnen einen schönen Tag. Statt der vorgesehenen Autorundfahrt fuhr ich privat mit ihnen, was entschieden mehr Spaß machte. Die lebenslustige Frau und unser Wortgeplänkel wollte kein Ende nehmen. Als wir in ihrem hübschen Heim noch einige Drinks zu uns nahmen, fuhren wir in gehobener Stimmung zum Hotel Oakland.

Abends beim Bankett wurden lange Reden gehalten. Aber auch die längste Rede dauert nicht ewig, und bald drehten wir uns nach der Musik einer guten Tanzkapelle. Bemerkenswert ist, dass ich außer einer Menge anderer Leute auch dem Bürgermeister und der Fechterin Helene Mayer vorgestellt wurde, die in Berkeley studiert. Ich verabredete mich wieder mit Liesel und ihrem Mann für kommenden Sonntag. Sie freuen sich, wenn wir kommen.

San Francisco 9. März 35

Eigentlich wollte ich Andenken aus Chinatown und ein paar Schallplatten kaufen, dazu kam es aber nicht. In einer Bar auf der Market-Street kamen wir in eine lustige Gesellschaft und danach waren die Geschäfte geschlossen. 

Ganz erstaunt war ich über die prachtvolle Ausstattung des Fox-Theaters. Es erinnerte mich an ein altes Schloss, aber der Film taugte nichts. Im deutschen Haus veranstaltete der Gesangverein "Harmonie" ein Narrenfest. Davon sah ich aber nicht viel, denn denn eine Amerikanerin nahm mich, anders kann man es nicht nennen, in ihren Wagen und fuhr mit mir irgendwo hin. Glücklicherweise war das Mädchen so vernünftig, mich rechtzeitig an Bord zu bringen.

San Francisco - Oakland 10. März 35

Schon früh wollte ich nach Oakland rüber zu Liesel, aber es klappte nicht ganz nach meinem Wunsch. Unsere Gastgeber hatten schon bald die Hoffnung aufgegeben. Als der dicke Krause und ich dann verspätet eintrafen, war die Freude umso größer. Liesels Mann war auf Geschäftreise. Dieser Tag wurde genau so wenig langweilig wie der Tag zuvor in Oakland. Unsere Kapelle spielte im Park. Deshalb flanierten wir drei dort auf und ab und standen im Mittelpunkt des Interesses. Da hätte ich gern gewusst, wer sich am meisten gefühlt hat, Liesel, der Dicke oder ich? Im Pionier-Haus trank ich mit jedem Brüderschaft. Ich hatte mir zu viel zugetraut. Meinem Schutzengel hatte ich zu verdanken, dass ich volltrunken bei Anbbordkommen nicht aufgefallen bin. 

San Francisco - Oakland 11. März 35

Ein Tag vor dem Auslaufen und dann Wache gehen müssen, wo man doch schon so viele Bekannte hat! Es war nicht schön, wenn noch der Moralische vom Vorabend dazu kam, denn auch Liesel hatte sich von mir doch viel mehr erwartet, aber sie kam noch einmal, um mir Lebewohl zu sagen. Lächelnd warnte sie mich, noch einmal so viel zu trinken. Ich habe die besten Vorsätze. Kurz und gut, ich war todunglücklich. 

Der Besucherandrang ist in den ganzen Tagen nicht abgeflaut, und immer standen noch Neugierige draußen und schauten unserem Dienst zu. Die Besucher des Bordfestes waren enttäuscht, denn es gab statt des erwarteten deutsche Biers nur den üblichen Teepunsch. Im Kanackerhafen gibt es deutsches Bier und deutsche Zigaretten und hier, wo ein guter Eindruck wertvoller ist, unterbleibt das alles.

San Francisco - Oakland 12. März 35

Um 9 Uhr legten wir ab, begleitet von den besten Wünschen der Deutschen San Franciscos. Das Ablegemanöver war glänzend. Ein Flugzeug der Armee, ein kleines Luftschiff der Navy, sowie ein Zerstörer begleiteten uns eine Weile. Dann ging es durch das Golden Gate wieder der offenen See zu. Bald sahen wir nur noch die Küste des goldenem Staates Kalifornien, in deren Hauptstadt wir einige sehr schöne Tage verlebt hatten.

Es ist manche Träne zum Abschied geweint worden und auch den meisten von uns ist der Abschied nicht leicht gefallen.

Pacific 13. März 35

Die Dünung war sehr stark, und da sie von Backbord kam, ritten wir bald auf den Wellen und das gewohnte Theater bei Backen und backen ist im Gange. Ein jeder balanciert seinen Teller oder seine Tasse, um nicht alles über die Back gehen zu sehen. Eine unvorsichtige Back hatte ihr Bulley auf gelassen. Dafür durfte sie nachher gesalzenen Kaffe trinken. "Ein Radfahrer kam vorbei", nennen wir das. Der Dient ist außerordentlich streng. Das übliche Mittel, uns die Hafentage aus den Knochen zu treiben.

 

 ZURÜCK zur letzten Etappe   zum Seitenanfang       WEITER zur nächsten Etappe