9. bis Buenaventura

Kolumbien u. Buenaventura


Callao-Stiller Ozean 6. Feb. 35

Morgens um 8 Uhr liefen wir aus. Oft kreuzten unseren Weg riesige Schwärme von Pinguinen, Wildenten und anderen Wasservögeln. Weiter in See durchfuhren wir eine große Fläche mit Tauchern dicht an dicht. Es müssen, ebenso wie die Wildenten, Millionen gewesen sein.

 

Stiller Ozean 7. Feb. 35

Der heutige Tag wurde mit Abkommschießen der leichten und mittleren Artillerie ausgefüllt. Beim Tag- sowie beim Nachtschießen wurden gute Treffergebnisse erzielt. Vor San Pedro bei San Franzisko soll dann das Kaliberschießen stattfinden. Da kann sich erst zeigen, ob wir schießen können. Da wir zeitweise still liegen, zeigen sich auffallend viele Haie, die hungrig um das Schiff kreisen.

 

Golf von Guayaquil 8. Feb. 35

Schon seit früh waren wir dicht unter Land. Große Schwärme von einer Art Pinguinen lassen den Vogelreichtum hier vor Equador erahnen. Gegen 2 Uhr nachmittags scheert ganz dicht der Hapagdampfer "Spreewald" an uns vorbei. Wir stoppen, und eifriges Winken lässt die Freude hüben und drüben über dieses Treffen erkennen.

 

Golf von Guayaquil 9. Feb. 35

Seit zwei Tagen ist es wieder so warm geworden, dass Sportzeug befohlen ist. Es ist heute das zweite Mal, dass ich den Äquator, die Linie, passierte. Ich beobachtete den Mond. Die Sichel ist genau anders herum als bei uns in Europa und er versinkt so schnell im Meer, dass man zusehen kann.

 

Stiller Ozean 10. Feb. 35

Seit langem sind wir wieder einen Sonntag auf See. Nach dem kurzen Reinschiff war die Ruhe doch sehr schön. Nur in regelmäßigen Abständen wurde die neue Wache gepfiffen. Ich las heute sehr viel, um mal auf andere Gedanken zu kommen.

 

Buenaventura 11. Feb. 35

Buenaventura liegt landschaftlich sehr schön, umgeben von immergrünem Urwald. Wir ankern auf dem Buenaventura-Fluss. Durch den starken Fall bei Niedrigwasser ist es nicht leicht, einen passenden Liegeplatz zu bekommen, zumal das Schiff auch Platz zum Schwojen haben muss. 

Buenaventura ist ein trostloses Nest, noch schlimmer als Ponta Delgada. Hier gibt es fast nur Bretterbuden, Pfahlbauten, von Negern bewohnt und Wege, auf denen man bis zu den Knöcheln im Schlamm versinkt. Es regnet hier fast immer, deshalb ist das Klima sehr feucht und ungesund. Unser Hiersein erklärt sich dadurch, dass eine starke Abordnung nach Kali und Bogota geschickt werden soll. Für die Zurückbleibenden stehen ein paar langweilige Tage in Aussicht.

 

Buenaventura 12. Feb. 35

Den einzigen Vorteil, den das Pfahldorf bietet ist, dass man sehr billig Obst, Bananen, Ananas und Apfelsinen kaufen kann. Es regnet fortwährend, nur ab und zu hört es für kurze Zeit auf.

 

Buenaventura 13. Feb. 35

Die paar Deutschen, die sich eingefunden haben, leben als Gäste der deutschen Regierung einen guten Tag. Kleinere Abteilungen von uns machten mit den Booten Ausflüge in den Urwald, aber ein richtiges Streifen durch das Dickicht war es auch nicht, denn bis weit ins Wasser hinein stehen die undurchdringlichen Mangroven und das Land ist versumpft.

 

Buenaventura 14. Feb. 35

Mit unserem Zugleutnant machten wir trotz alledem noch einen Kutterausflug. Wir pullten eine ganze Strecke den Fluss hinauf und auf gut Glück in verschiedene Gänge hinein. Mehrere Male mussten wir wieder umdrehen. Entweder lag ein umgestürzter Baum über der Fahrstraße oder es wurde zu eng oder zu seicht. Einen auffallende Stille lag über Allem. Ab und zu knackte ein Ast. Die einzigen Lebewesen waren große, bunte Krebse, die sich auf den Mongroven in Sicherheit brachten. 

Wir folgten einer Rauchfahne und entdeckten einen Köhler, ein uralter bärtiger Knabe und seine Familie, alles Neger natürlich. Sie machten große Augen, als wir mit Sporthose und Stiefeln bekleidet an Land sprangen und alles in Augenschein nahmen. Weiter im Land fanden wir ein wildes Ananasfeld und kehrten mit Früchten beladen zum Boot zurück. Da hat sich doch der Streifzug wenigstens gelohnt, auch wenn sie noch nicht reif sind. An Bord werden sie aber noch nachreifen, denn Wärme haben wir mehr als uns angenehm ist. Dieser Ausflug hat uns wohl Freude gemacht aber auch gründlich ermüdet, denn so längere Zeit den Riemen zu handhaben ist kein Kinderspiel.

 

Buenaventura 15. Feb. 35

Es ist eigentlich das erste Mal, dass ich nicht bedaure Hafenwache zu haben. Dass wir morgen auslaufen werden, erweckt keine bedauernde Gefühle in mir. Ich bin froh morgen wieder in See zu sein und Buenaventura hinter mir zu haben. Den Ausflüglern nach Kali und Bogota hat es gut gefallen, denn es sind ja schließlich große Städte.

 

Stiller Ozean 16. Feb. 35

Die Weite des Ozeans ist wieder um uns. Das Wetter ist schön. Als wir Buenaventura verließen regnete es - ein ganz verteufeltes Nest!

Die Offiziere feiern am Abend Bergfest, d.h. die Hälfte der Reise ist nun um. Hein Seemann hat kein Geld mehr und kann deshalb auch kein Fest feiern. Vielleicht wird es am 20. noch nachgeholt, dann gibt es Kantinengeld.

 

Stiller Ozean 17. Feb. 35

 Wir haben einen langen Seetörn vor uns, etwa 12 - 14 Tage, aber dann kommt San Franzisko, eine Weltstadt. Inzwischen fahren wir in gerader Linie den schmalen Landstreifen, der Süd- und Nordamerika verbindet hinauf, vorbei an Costa Rica, Nicaragua, Honduras, Guatemala und Mexico. Die Länge dieser Strecke ist 3000 sm. Es ist wohl der längste Törn, den wir bis zum Schluss der Reise befahren. Es kommt noch die Reise Charleston nach Vigo, die aber nur sechs Tage dauert.

 

Stiller Ozean 18. Feb. 35

Der Ozean ist wieder glatt und blau wie ein Teich. Solche Tage auf See vergehen wie nichts. Wenn man sie nicht festhielte, könnte man sich nach kurzer Zeit nicht mehr daran erinnern. Dazu kommt noch der ziemlich gleichförmige Dienst. In See ist ja auch der Divisions-Dienst beschränkt, weil kein Bootsdienst u.s.w. gemacht werden kann. 

Ein dänischer Tanker und ein großer Passagierdampfer kreuzten unseren Kurs.

 

Stiller Ozean 19. Feb. 35

Scheinbar will sich der stille Ozean auch mal von seiner anderen Seite zeigen. Das Barometer fällt und es bilden sich Schaumkronen. Das sollte wohl ein netter Tanz werden, denn unser Eimer schaukelte ziemlich und stampfte. Der Himmel war aber immer noch klar. Wir nähern uns der Bucht von Tehuantepec, der sogenannten Biskaya von Mittelamerika. 

Seit Buenaventura begleitet uns ein großer Vogel. Meistens sitzt er irgendwo im Fockmast und fliegt ab und zu eine Runde ums Schiff.

 

Golf von Tehuantepec 20. Feb. 35

Es ist Sturm. Schon in der Nacht merkte man es, zuerst am Heulen des Windes und dann daran, dass die Hängematten ganz eigenartig wegsackten. Die See kommt von Steuerbord vorn, und wenn der Bug sich durch die Wellen gräbt, geht eine hohe Welle über die Back. Manchmal erreichen sie die Brücke um dann klatschend zusammenzubrechen. Schlägt eine gegen die Bordwand, so zittert das ganze Schiff und es kracht in allen Spanten. Dann hebt und senkt sich auch die Hängematte als folge des Stampfen des Schiffes. Glaubte ich immer haushohe Wellen wären eine Übertreing,  aber hier sah ich sie und welche Gewalt sie haben! Es gab wieder eine Reihe Seekranker, die lieber tot als lebendig sein wollten. 

Gegen Abend flaute der Wind plötzlich ab. Nachts konnten wir sogar wieder an Oberdeck schlafen, als ob wir einige Stunden vorher nicht im gröbsten Dreckwetter gesteckt hätten.

 

Stiller Ozean 21. Feb. 35

Obwohl wir dicht unter Land fuhren, war unser treuer Begleiter immer noch da, eine Sturmmöve, wie wir jetzt wissen. Als wenn sie zum Schiff gehörte flog sie ihre Runden und dachte nicht daran, wegzufliegen. 

Der Ozean ist wieder ruhig. Die Gefechtsübung, die gestern geplant war, stieg heute. Der Kommandant war mit unserem Geschütz sehr zufrieden. Wenn ordentlich Rabatz gemacht wird, hat man schon halb gewonnen.

 

Golf von Kalifornien 22. Feb. 35

Zuerst sah es so aus, als wollte sich das Spiel von vorgestern wiederholen. Sobald wir in Reichweite des Golfes kamen, frischte der Wind auf, und unser Kahn machte die Bewegungen der See mit.  Aber es wurde nicht ganz so schlimm. Schließlich ist so ein Sturm mit zu vielen Unannehmlichkeiten verbunden. Das unsichere Gehen, die verbrauchte Luft in den Wohnräumen u.s.w. machen das Ganze zu keinem Vergnügen.

 

Stiller Ozean 23. Feb. 35

Den Golf von Kalifornien haben wir nun passiert und seit 10 Uhr fuhren wir wieder unter Land. Heute Mittag wurde die Uhr um eine halbe Stunde zurückgestellt, wie schon die ganze Woche. Gegenüber zu Hause haben wir nun einen Zeitunterschied von 9 Stunden. Es entspricht der Normalzeit von San Franzisko. 

Ich beobachte den Sternenhimmel und finde, dass der nordische Himmel auch seine Schönheiten hat. Der große Bär, ein auch im Norden bekanntes Sternbild, ist wieder gut zu beobachten, nur dass er größer und aufrecht stehend erscheint und nicht hoch am Himmel, sondern tief am Horizont.

 

Stiller Ozean 24. Feb. 35

Gestern trugen wir noch Sportzeug und heute Arbeitsanzug und Jumper, und doch frieren wir. So rasch hat es sich abgekühlt. Es mag auch an dem stürmischen Wind liegen, der das Meer nicht zur Ruhe kommen lässt. Dieser dritte Sonntag in See wird schon etwas langweilig, denn man weiß nichts mit der Freizeit anzufangen.

 

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