2. bis Trinidat

brit. Weltreich u. Trinidad


In See 7. Nov.34

Nun haben wir wieder die kommenden 9 Tage das endlose Meer um uns und den immer wechselnden Himmel über uns. Einmal ist er strahlend schön dann wieder grau. Stets wechselt auch der Atlantik seine Farbe, obwohl er seinen Grundton tiefblau behält. Der Dienst ging in seinen gewohnten Bahnen weiter.

In See 8. Nov.34

Nun wurden wir schon zum zweiten Mal gegen Typhus geimpft. Es ist sehr schmerzhaft. Verschiedene Kameraden wurden auch ohnmächtig. Wahrscheinlich waren sie vorher seekrank und weniger widerstandsfähig. 

Die Uhr wurde wieder zurückgestellt. Gegenüber Deutschland geht sie jetzt 4 Stunden nach. Ist es z.B. an Bord  12 Uhr, so ist es in Deutschland  schon 4 Uhr.

In See 9. Nov.34

Heute war großes Malen der Aufbauten. Alles wunderte sich, dass schon so früh gemalt wurde, denn nächste Woche Freitag ist erst unser terminmäßiger Einlauftag in Port of Spain auf Trinitat. Natürlich wurde auch schon gereest, wir liefen eher ein. Unserer Fahrstufe nach könnte es auch stimmen, denn die tausend Meilen bedeuten noch 4 - 5 Tage Seetörn. 

Die Wärme wurde immer größer. Unter Deck war Anzug Sportzeug befohlen. Scharen fliegender Fische begleiteten uns. Sie sind von der Größe her mit Heringen zu vergleichen, die flügelartige Ansätze haben. Es sieht hübsch aus, wenn sich eine Reihe dieser hübschen Tiere aus dem Wasser hebt und durch die Luft segelt, etwa 20 Meter und mehr. Wahrscheinlich sind sie dann auf der Flucht vor irgendwelchen größeren Feinden.

In See 10. Nov.34

Im Laufe der Nacht überschritten wir den Wendekreis des Krebses, haben also damit die subtropische Zone erreicht. Es wird ab heute nur noch Sportzeug getragen, nur abends noch Arbeitszeug, um bei den starken Temperaturunterschieden nicht zu erkälten. 

Als heute beim Vorlesen des "freiwilligen Arbeitsdienstes" auch mein Name fiel, musste ich feststellen, dass es wegen eines verbummelten Pinsels war. Mein anfängliches Erstaunen wuchs in eine grimmige Wut. Aber als diese so ziemlich verraucht war, musste ich doch lächeln auf welch billige Art und Weise Arbeitskräfte gemacht würden. Wagt man nämlich als kleines Licht dagegen Einspruch zu erheben, so wird das nur als Widerspruch aufgefasst. Dann wird einem die schlechteste Arbeit zugeteilt. Auch bei der Marine hat das Wort Geltung: 'Lerne leiden, ohne zu klagen'. 

Abends wurden uns Tonfilme belehrenden Inhalts gezeigt. Die Anlage selbst ist erstklassig und könnte in keinem Kino besser sein.

In See 11. Nov.34

Unsere Seewasserdusche wurde heute in Betrieb genommen. Bei dieser Hitze ist es eine angenehme Abkühlung. Das Wasser ist sehr salzig. Der Nachmittag wurde zu ausgiebigen Sonnenbaden ausgenutzt. Die ersten 'Neger' sind schon stolz auf ihre Farbe.

In See 12. Nov.34

Gerade waren wir mit Außenbordsmalen fertig, da sichtete ein Kamerad einen Hai auf Steuerbordseite. Alles stürzte an die Reeling, um den gefährlichen Burschen zu sehen. War es doch der erste auf dieser Reise und für die meisten der erste, den sie je sahen. Und richtig, da schwamm das Ungeheuer geführt von mehreren kleinen Leitfischen, denn er ist fast blind und lauert auf Beute. Es war ein kapitaler Bursche. In dem klaren Wasser war er genau zu beobachten, wie er öfter seinen weißen Bauch zeigte und dabei sein riesiges Gebiss sehen ließ. Ein gelinder Schauer lief mir über den Rücken, als ich an die Geschichten dachte, die seine Gefährlichkeit schilderten. Leider fiel der Räuber nicht auf unsere Haiangel herein, die wir hinten am Flaggstock angebracht hatten.

In See 13. Nov.34

Bis heute haben wir noch kein einziges Schiff oder auch nur eine Rauchwolke gesichtet. Unser Kurs ist wohl fern von jeder Dampferlinie. Seit drei Tagen fahren wir schon mit 'Max und Moritz', den Ölmotoren und haben dadurch nicht allzu viel Seemeilen hinter uns gelassen.

Bei einer kleinen Differenz mit einem Unteroffizier musste ich einmal wieder feststellen, dass der kleine Mann kein Recht bekommt, mag der Sachverhalt noch so klar sein.

In See 14. Nov.34

Gegen Nachmittag 4 Uhr kreuzten wir die Stelle, an der die erste 'Karlruhe' am 4. Nov. 1914 nach sehr erfolgsreicher Kriegsfahrt durch einen ungeklärten Unfall in zwei Teile gerissen wurde und kurze Zeit darauf versank. Bei der schlichten Gedenkstunde führte uns der Kommandant die historischen Tatsachen vor Augen und schloss daran einige eigene Gedanken. Unser Alte redete sich dabei richtig warm, so wie wir ihn noch nicht gehört haben. Er gefiel mir sehr gut. Dann wurde unter den Klängen von "Ich hatt' einen Kameraden" feierlich ein Lorbeerkranz versenkt.

So oft ich nun schon solch feierlichen Akt mitgemacht habe, immer wieder werde ich davon ergriffen.

In See 15. Nov.34

Fast zur gleichen Zeit mit der Sichtung des ersten Dampfers auf diesem Seetörn kam auch die Insel Trinidad in Sicht. Es sind mehrere Inseln, die früher einmal ein Ganzes gewesen sein mögen. Am Nachmittag wurden die üblichen Reinschiffvorbereitungen zum Einlaufen getroffen.

Port Of Spain 16. Nov.34

Unter dem üblichen feierlichen Zeremoniell, Paradeaufstellung, Salut u.s.w. liefen wir in die Bucht von Port of Spain ein. Am Unangenehmsten empfanden wir, trotz Sonnensegel, den Anzug. Man gewöhnt sich doch zu rasch an den leichten Sportanzug. 

Wir ankerten ziemlich weit draußen, denn wahrscheinlich ist es hier sehr seicht. Viel von der eigentlichen Stadt war noch nicht zu sehen. Kaum hatten wir geankert, schon umschwärmten uns die Händler in ihren leichten Booten mit allerlei Krimskrams, hauptsächlich Früchte und Obst und das Feilschen begann. Gegen alte Taschenmesser oder Strümpfe bekommt man allerhand. Auch ich habe eine Menge alter Sachen an den Mann gebracht. 

Bei den Händlern, durchweg Negern, kann man alle Farbschattierungen von hellbraun bis violettschwarz feststellen. An Land ist es nicht anders. Die Neger sind der überwiegende Teil der Bevölkerung, daneben sind aber auch Chinesen und Juden nicht zu übersehen. Der englische Einfluss ist unverkennbar. Es sind saubere Straßen, auch in den Neger- und Chinesenvierteln und im Europäerviertel, dem sog. "Savannah", großartige Anlagen, Gärten, Sportplätze, Gebäude und überall Palmen. Wir sind ja auch in den Tropen. 

Es wird nur englisch gesprochen. Ich habe schon manche amüsante Unterhaltung mit Eingeborenen gehabt. Das Erfreulichste für mich ist, dass ich die Leute immer besser verstehen und meine Englischkenntnisse vervollkommnen kann. 

Den Abend verbrachte ich mit dem dicken Sturm im 'Sailors and Soldiers Club' recht nett im Kreise einiger junger Damen aus den europäischen Familien. Das Haus wird von einigen alten Damen geführt. Es gibt nur gut zu essen, Eiscreme und Orangeaden, die aber sehr erfrischend sind. Morgen Abend ist eine Festlichkeit. Ich werde nicht fehlen. 

Port Of Spain 17. Nov.34

Bei einem Fußballwettkampf, dem ich am Nachmittag zusah, konnte ich so richtig das Temperament der Bevölkerung kennenlernen. Jeder gute Ball wurde mit einem Beifall aufgenommen, der schon bald einem Toben glich. 

Bei dem Tanzabend im Sailors Club konnten nicht alle Kameraden auf ihre Kosten kommen, es waren zu viele Seeleute und zu wenig Mädels da. Ich lernte aber die Frau kennen, an die ich bei der Erinnerung an Port of Spain immer denken werde. Sie heißt Barbara und erinnert mich in Vielem an Annemarie. Hier wie da das Temperament, das dunkle Haar, nur ist Barbara noch schlanker und zierlicher. Wir tanzten oft und gut zusammen. Trotz Hemmungen durch die Sprache verstanden wir uns sehr gut. Es ist eigentlich merkwürdig, wie viel man mit einem Händedruck und Blick der Augen sagen kann. Kurz, ich war sehr begeistert von der Frau, sah aber ein, dass diese Freundschaft nicht von langer Dauer sein konnte, denn nach Trinidad werde ich nie wieder kommen, dass durch ein Wiedersehen unsere Zuneigung einen Auftrieb bekommen könnte..

Port Of Spain 18. Nov.34

Mehr als es in meiner Absicht lag, habe ich mich von dem reizvollen Fluidum Barbaras fesseln lassen. Heute tauschten wir Souveniers und unsere Adressen aus. Ich bin glücklich, noch längere Zeit mit Barbara korrespondieren zu können. Sie versprach mir, zu Weihnachten ein großes Bild von sich zu schicken. Zu einem beabsichtigten Ausflug ins Landesinnere bin ich nicht gekommen. Ich wusste meine Stunden mit Barbara besser zu verwenden, als im Urwald auf Entdeckungsfahrt zu gehen. Zudem regnet es häufig, wie es in dieser Jahreszeit hier üblich ist.

Port Of Spain 19. Nov.34

Damit ich nicht vergesse, dass ich nicht zu Besuch bei der Marine bin, musste ich heute an Bord bleiben und Wache gehen. Aber um der Wahrheit die Ehre zu geben, wir haben diesmal viel Dusel mit der Wache gehabt: der Einlauftag, Sonnabend und Sonntag frei zu unserer Verfügung - nach dem Dienst natürlich. 

An Bord musste ich hier die interessante Feststellung machen, dass wir von einem englischen Öldampfer Öl bekamen, obwohl wir gestern von einem deutschen schon Betriebsstoff bekamen. Die Zellen sind alle gefüllt und für einen langen Seetörn gerüstet. Äußerlich zeigt es sich auch, dass wir bis zur Wasserlinie geladen haben. 

Es regnet seit dem Morgen ununterbrochen. Die eigentliche Regenzeit hat hier wohl begonnen.

Port Of Spain 20. Nov. 34

Ganz unerwartet wurde bekannt gemacht, dass wir schon heute Abend 8 Uhr auslaufen. Ich bedauerte das umso mehr, dass ich mich nicht mehr von Barbara verabschieden konnte. Trotzdem habe ich die Gelegenheit ausgenutzt, noch bis 5 Uhr Landurlaub zu bekommen. Wie in den letzten Tagen führte mich mein Weg zum Sailors Club, aber heute, um einem Stocker bei der erfolgreichen Suche nach der Adresse eines Mädels behilflich zu sein. Hierbei konnte ich mich wenigstens telefonisch auch von Barbara verabschieden. 

Die letzten Gäste sind an Land gegangen, denn heute Nachmittag war noch ein großes Bordfest. Die Anker sind gelichtet und nun versinkt Trinidad langsam im Dunkel der Nacht.

 Port of Spain ist sehr schön, aber von den vielen Eindrücken ein bleibender: Barbara.

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